Montag, 13. Oktober 2008

Was ist die ISDA?

Nie gehört? Kein Wunder!

Die ISDA ist die, nach ihrer Eigeneinschätzung, größte Organisation am Markt der Finanzderivate:
ISDA is the largest global financial trade association, by number of member firms. ISDA was chartered in 1985, and today has over 850 member institutions from 56 countries on six continents.

Na ja, um Größe zu beweisen erfindet man auch schon mal gerne einen Kontinent dazu. Wahrscheinlich ist das die terra incognita, der Ort, an den sich die Gewinner aller Finanzkrisen und globalen Katastrophen zurückziehen und gezogen haben, nachdem alles durch sie wieder einmal in Schutt und Asche versetzt wurde.

Aber die ISDA ist auch die Organisation, welche eine feine Statistik aufführt, wieviele dieser sogenannten Finanzderivate gerade am Laufen sind. Und zwar in Zahlen. Es gibt keinen Grund, diese Zahlen zu bezweifeln. Im Gegenteil, sie müssten jetzt sogar untertrieben sein. Aber es wird schon stimmen, denn schließlich brüsten sie sich ja damit, die Lobby einer Finanzindustrie gigantischen Ausmaßes zu sein.

Nach deren Statistik sind im ersten halben Jahr 2008 folgende Werte im Umlauf - um es verständlicher zu sagen: Verbindlichkeiten und Forderungen:

An Zinsderivaten:

464.694.950.000.000,00 Dollar, ich schreibs mal kurz, es sind:
464,7 Billionen Dollar.

An Credit default swaps (CDS):

54.611.820.000.000 Dollar, auch hier die Kurzfassung, es sind:
54,6 Billionen Dollar.

und dazu noch Aktienderivate:

11.880.130.000.000 Dollar. Das sind knapp 12 Billionen Dollar.

Alles zusammen sind hier Wetten mit einer Größenordnung von insgesamt 531,3 Billionen Dollar im Umlauf.

Das hat nichts mit Realwirtschaft zu tun, das sind nur Wetten. Wetten, welche von hochangesehenen, und vor allem hochdotierten Bankern gemacht wurden und werden. In der Hoffnung, mit geliehenem Geld über, auch Bankern völlig unverständliche Wege, zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Ergebnis zu bekommen. Gewinn, Profit, wie immer man das ausdrücken will. Nur, wo es Gewinne geben kann, da kann man auch verlieren. Und zwar gewaltig.

Noch vor zehn Jahren lag die Gesamtsumme dieser Wetten bei 40 Billionen Dollar, auch das eine Summe, die fast unüberschaubar ist.

Die Einsätze der Akteure waren minimal. Um solche Wetten abzuschließen, brauchte man gerade einmal 10% des Wetteinsatze auf den Tisch zu legen. Den Rest konnte man dann ausleihen, es reichte, wenn man 10% seiner Spielsumme tatsächlich hat. Dagegen ist jedes Casino ein absolut ehrlicher Betrieb. Dort darf man nur mit dem spielen, was man auf den Tisch legen konnte.

Aber was passiert, wenn nun so eine Wette schief geht, wer kommt nun für den Verlust der 90% geliehenen Geldes auf? Die Sparer, um es einmal ganz einfach zu formulieren.

Das Ergebnis dieser Wetten sieht man. Aktien, welche als Sicherheiten eingesetzt wurden in diesem Spiel, werden auf den Markt geworfen. Und zwar ohne jegliche Überlegung, hauptsache, man bekommt noch ein paar Dollar am Markt.

Damit sinken auch dramatisch die Kurse der Aktiengesellschaften. Und damit sinkt auch der Wert des Einsatzes der gutgläubigen Aktieninhaber, welche jahrelang von den Banken bombardiert wurden, doch ihr sauer verdientes Geld in Aktien und sonstiges windiges Zeugs an zulegen. Schließlich bekommen sie dann ja über die Fonds, die das alles schön und völlig undurchsichtig verpackt haben, ein paar Prozent mehr im Jahr. Und damit wurden auch Altersversorgungen in noch völlig unbekannter Höhe in Europa und noch viel mehr in den USA aufs Spiel gesetzt und zu einem großen Teil bereits völlig aufgelöst.

Um aber diese Summen, die ich gerade beschrieben habe in ein verständliches Licht zu rücken, vergleichen wir doch einmal, wie lange das gesamte Europa mit seinen mehr als 600 Millionen Menschen arbeiten, produzieren und konsumieren muss, bis so eine Summe zustandekommt. Am besten eignet sich dafür das Bruttoinlandsprodukt, das BIP.

Gesamteuropa hat ein BIP von jährlich 13,4 Mrd Dollar. Viel Geld, damit ist ein einigermaßen intaktes Staatensystem aufgebaut worden und kann damit erhalten werden. Und Europa ist, gemessen daran, was auf den einzelnen davon abfällt, die reichste Region in dieser Welt.

Was haben nun diese windigen, man muß schon sagen verbrecherischen Banker hier am Laufen mit ihren Wetten?

Es sind 531,3 Billionen US-Dollar. Dafür muss Europa mehr als 36 Jahre arbeiten, produzieren und konsumieren. 36 Jahre? Nur Europa?

Weltweit liegt das BIP nach Zahlen aus 2004 bei 40.960 Mrd. US-Dollar. Immerhin, die gesamte Welt muß, um diesen Crash abzufangen, nur 13 Jahre arbeiten, produzieren und konsumieren. Wenn man das milchmädchenrechnungsartig so auflistet. Was natürlich jedem einsichtig ist, dass das so ja gar nicht geht.

Und was machen diese Politiker in Europa und den USA? Sie wollen diesen Karren im Dreck, von dem sie vor einer Woche alle noch gar keine Ahnung hatten wie sie sagten (obwohl zB das oben beschriebene Dokument seit Jahren im Internet verfügbar ist), nun mit einer Summe von insgesamt 2 Billionen Dollar retten. Zwei Billionen Dollar, die niemand hat, aber jedem versprochen wird.

Bitte habt Vertrauen! Ich höre seit zwei Wochen nur mehr diesen Appell. Habt Vertrauen, Ihr Geld ist sicher.

Nix ist sicher. Der Crash kommt noch dieses Jahr. Und dann: Schöne Weihnachten.

2 Kommentare:

ittonips hat gesagt…

und was sollen wir tunß

Freizeichen hat gesagt…

@ittonips.

Ja was? Sich über die Situation klarwerden und entsprechend handeln. Und handeln heißt, sich auf etwas vorbereiten, was Dir selbst ja nicht so fremd sein dürfte, außer du bist nur auf Sommerfrische in Stainz. Jetzt im Oktober :-) . Nämlich kurz treten und sich trotzdem gut fühlen. Und schauen, dass man keine Hypotheken am Haus hat. Und schauen, ob man eventuell in einigen Bereichen autark werden kann.